Zum Tod von Werner Link
"Geht nicht, gab's nicht."
Abschied von einem großen Unternehmer - Interstuhl trauert um Firmengründer und Seniorchef Werner Link
Am Montag, den 2. Oktober 2017 ist Werner Link, Firmengründer und hochgeschätzter Seniorchef von Interstuhl im Alter von 76 Jahren in Meßstetten-Tieringen verstorben. Zahlreiche Trauergäste nahmen am Freitag Abschied von einem großen Unternehmer, der sich, seinem Geburtsort und seiner Heimat stets treu geblieben ist und dem die Bürositzmöbelbranche viel zu verdanken hat.
Er war weitblickend, ideenreich und humorvoll, durchsetzungsstark, beharrlich - und ungeduldig. Ein Mann mit Ecken und Kanten, sicherlich, doch immer ein Vorbild: Nicht nur für seine Söhne, Helmut und Joachim Link, sondern für die gesamte Interstuhl-Familie, zu denen er seine über 800 Mitarbeiter ohne wenn und aber zählte. Ein fairer Chef, der sich für "seine Leute" einsetzte, ein offenes Ohr für ihre Probleme hatte, ehrliche Unterstützung bot und echte Gemeinschaft lebte. Ein Macher, dessen ansteckende Begeisterung für seine Ideen enorme Kräfte freisetzte: Nicht nur 1961 als er zusammen mit seinem Vater Wilhelm Link aus der familieneigenen Dorf-Schmiede in Meßstetten-Tieringen heraus das Unternehmen Interstuhl gründete, sondern auch in all den darauf folgenden Jahren - bis heute.
Auch als er sich 2016 von seinen operativen Funktionen zurückzog und den beiden Söhnen Helmut und Joachim die volle Verantwortung als geschäftsführende Gesellschafter übergab und sie die Leitung von Interstuhl übernahmen, um das Traditionsunternehmen erfolgreich in die digitale Zukunft zu führen, lenkte Werner Link als weiser Beobachter die Geschicke der Firma auch weiterhin mit in die richtige Richtung und setzte als Berater aus dem Hintergrund noch immer neue Impulse. "Geht nicht, gibt's nicht", nach diesem Motto lebte Werner Link. Er war fleißig, wissbegierig, ein bis ins hohe Alter Lernender. Ehrgeiz und Engagement forderte er nicht nur von sich selbst, sondern auch von jedem einzelnen Mitglied seiner "Großfamilie". Wie hätte sein großes Ziel, Interstuhl an die Spitze der Europäischen Bürostuhlhersteller zu führen, sonst Wirklichkeit werden können?
Mut, Unbekanntes zu wagen
Werner Link wurde am 27. April 1941 in Meßstetten-Tieringen als Sohn des Dorfschmieds Wilhelm Link geboren. Zwanzig Jahre später bauten beide ihren ersten Stuhl und veränderten damit die Arbeitswelt. Eigentlich hätte das Schmiedehandwerk, welches in der Familie Link seit 1731 Tradition hatte, bleiben sollen, doch in den Zeiten des "Wirtschaftswunders" suchten Vater und Sohn ihre Chance in der boomenden Textilindustrie der Region. Viele Näherinnen wurden gebraucht und somit wurden zuerst einmal Nähmaschinengestelle produziert und dazu dann Stühle, Stühle, Stühle...
Bis heute ist das global agierende Familienunternehmen Interstuhl seinem Traditionsstandort auf der schwäbischen Alb treu geblieben - und dem Ziel, immer neue, erfolgreiche Stuhl-Konzepte für die Zukunft und für das gesunde Sitzen zu entwickeln. Nicht umsonst gilt Interstuhl 56 Jahre nach seiner Gründung als der Spezialist für "professionelles Sitzen made in Germany". Rund um den Globus gründete Werner Link internationale Gesellschaften und Niederlassungen, zuletzt in den USA.
In den Schoß gefallen ist Werner Link dieser Erfolg nicht: Mut, Unbekanntes zu wagen, ein unbändiger Innovationswille sowie die Kraft und Ausdauer, solides Fachwissen und hohe technische Kompetenz in der Firma zu bündeln und daraus mit großer Leidenschaft tagtäglich neu zu schöpfen, waren dafür nötig. Und ja, auch seine, wie er einmal selbstkritisch zugab, "oft sehr anstrengende Ungeduld" hat entscheidend zum Unternehmenserfolg beigetragen: Ohne sie wären die Fortschritte der Firma womöglich kleiner ausgefallen, mit Sicherheit aber langsamer umgesetzt worden. "Wir haben Erfolg, weil wir beharrlich sind und weil wir lieben, was wir tun", sagen auch seine Söhne, Helmut und Joachim Link. "So sind wir aufgewachsen und nach dieser Maxime leben und arbeiten wir. Unser Vater war ein Unternehmer im besten Sinne."
Impulsgeber für die gesamte Branche
Im Laufe der Jahre investierte Werner Link Beträge in Millionenhöhe in die Entwicklung neuer, innovativer Sitzmöbelkonzepte - und das nicht nur auf dem Gebiet des German Engineering sondern vor allem auch in Sachen qualitätsvoller, guter Gestaltung. Zahlreiche international anerkannte Designer nahm er für dieses Ziel unter Vertrag. "Good design means good business. Das ist einfach so", wusste der Unternehmer.
Werner Links womöglich herausragendstes Produkt war der Bürostuhl "Silver". Mit ihm haben Interstuhl und der Architekt und Designer Hadi Teherani einen Klassiker geschaffen, der seit über einem Jahrzehnt erfolgreich auf dem Markt ist und dessen Beliebtheit bis heute ungebrochen ist.
Innerhalb der gesamten Bürositzmöbelbranche war er wichtiger Impulsgeber, trat als Veranstalter für Seminare zum "richtigen Sitzen" und als Partner des mittelständischen Fachhandels auf. Die Interstuhl-Akademie bietet heute ein vielfältiges Ausbildungsprogramm.
Besonderen Weitblick bewies Werner Link mit der rechtzeitigen, wohl durchdachten und gut organisierten Übergabe des Unternehmens an seine Söhne. "Für den unternehmerischen Erfolg gibt es kein Rezept. Neugier, die Bereitschaft zum ständigen Lernen, Leidenschaft zur Leistung und die Akzeptanz, auf manches verzichten zu müssen gehören auf jeden Fall dazu. Ebenso der Überblick über die Erfordernisse des Marktes, die Treue zur Qualität und zu den Mitarbeitern", gab er ihnen mit auf den Weg. Er sei sehr stolz und glücklich, sagte er anlässlich seines 75. Geburtstages im vergangenen Jahr, dass seine Söhne und deren Familien sein Lebenswerk dahingehend weiterführen und - viel mehr noch - mit eigenen Ideen und aus eigener Kraft voranschreiten.
Zu verrückt, zu schwer, unmöglich - diese Worte existierten nicht für Werner Link. Er war schwer zu stoppen auf seinem Lebensweg. Dass dieser nun zu Ende sein soll, ist für alle, die ihn kannten schwer vorstellbar. Sicher ist es nur ein Übergang an einen anderen Ort, an dem er weiter wirken und über die nächsten Schritte von Interstuhl wachen kann.
Vertrauen, Verantwortung und soziales Engagement
Werner Links größter Invest war seine menschliche Wärme, mit der er und auch seine Schwester Lenore ein Unternehmensklima geprägt von Offenhheit, gegenseitiger Verantwortung und ehrlichem Austausch herzustellen vermochten. Von Anfang an lag dem Firmengründer das soziale Engagement für seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter besonders am Herzen. Jahr für Jahr kamen neue Initiativen und Programme hinzu: So zum Beispiel die großzügige Unterstützung eines Fonds für in Not geratene Mitarbeiter, Kleinkredite für Mitarbeiter, ein eigener Fahrdienst für behinderte Mitarbeiter bis hin zur bevorzugten Behandlung von Mitarbeiter-Kindern bei der Vergabe von Ausbildungsplätzen.
Werner Link engagierte sich aber nicht nur innerhalb der eigenen Firma sozial: Er unterstützte Vereine und zahlreiche öffentliche, gemeinnützige Projekte, das DRK sowie Sozialstationen und Kindergärten in der Region mit Spenden und Ehrenamtstätigkeiten. Organisationen, wie Behindertenwerkstätten wiederum profitierten von seiner praktizierten "Hilfe zur Selbsthilfe", wenn er sooft als möglich direkte Aufträge an deren Mitarbeiter vergab.
Für sein vielfältiges Engagement wurde Werner Link nicht nur von der Evangelischen Landeskirche und der Diözese Rottenburg geehrt, er erhielt auch zahlreiche Auszeichnungen für sein Lebenswerk, darunter die Verdienstmedaille der Stadt Meßstetten und die Staufermedaille des Landes Baden-Württemberg.
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